„Jeder Mensch sollte in einer Beziehung leben, findest du nicht auch?“ werde ich oft gefragt. Dann kommen meist diese Fakten hinterher, die alle von uns kennen: Es gibt immer mehr Single- Haushalte, jede dritte Ehe wird geschieden, Frauen bekommen keine Kinder mehr, wir sind eine Ellenbogen- Gesellschaft. Schlimm, schlimm!
Als ich vor 8 Jahren die Fachpraxis für Paare übernommen habe, war ich nicht darauf vorbereitet. Bei gefühlt jeder Party wurde ich gebeten, Stellung zu beziehen. Inzwischen mache ich das gerne, habe ich doch begriffen: Die Paartherapie fängt dort an, wo ich mit schädlichen Mythen aufräumen kann. Und dass Singles keine Beziehungen haben, ist ein solcher.
Ich kenne Menschen, die sind „single“ und haben intensivere Beziehungen als meine Schwiegermutter, die seit hundert Jahren mit ihrem Heinz verheiratet ist. Singles haben oft enge und intensive Freundschaften. Sie haben oft regelmäßigen Sex. Sie sind eingebunden in ein soziales Netz. Und wenn das nicht so ist, dann finde ich das schlimm. Egal, ob die Person single ist oder seit hundert Jahren verheiratet: Einsamkeit macht krank. Liebe ist eine wichtige Antwort im Leben. Auf alle möglichen Fragen.
Ich habe nichts gegen Single- Haushalte und im Grunde auch nicht gegen Scheidungen (kommt ganz drauf an, wer sich hier von wem aus welchem Grund trennt). Ich habe was gegen Einsamkeit und Lieblosigkeit und ich habe was dagegen, wenn Menschen keinen Kontakt mehr zueinander finden. Das kann in einer Liebesbeziehung passieren und das kann in einem Fehlen einer Liebesbeziehung passieren.